Longasura ist Langsur


1990/2011 - Wasserbilligerbrück im Laufe der Zeit

27.11.2011 21:14

Text und Recherche aus verschiedenen Quellen: Erwin Weber, Langsur (ⓒ 1990), 

Lektorat: Michael Reichling (2011)

 

Hier im Mündungswinkel von Sauer und Mosel traf im Jahre 54 v. Chr. eine römische Vorhut auf die keltisch-gallische Ansiedlung Biliacum, das heutige Wasserbillig. Zu dieser Zeit, als noch keine Brücke vorhanden war, überquerten die Menschen durch eine Furt die Sauer. Irgendwann wurde eine Holzbrücke errichtet. Schließlich erfolgte der Bau einer Steinbrücke. Zwar kann die Erbauung dieser Brücke nicht mit einer Jahreszahl belegt werden, doch kann man wegen des Stils und der Größe davon ausgehen, dass der Bau wenige Jahre nach der Besetzung des Landes im Jahre 54 v. Chr. fertig gestellt wurde. Die damals errichtete steinerne, zweibogige Straßenbrücke ist der heutigen Brücke in ihrer Linienführung noch richtungsweisend. Das mächtige Widerlager jener alten Römerbrücke wurde 1950 beim Wiederaufbau einer neuen Brücke freigelegt. Beidseits der Widerlager wurden weitere Mauerreste gefunden, deren Bedeutung nicht klar erkennbar war. Die tiefgegründeten Fundamente der ehemaligen Brückenpfeiler sind heute noch zu sehen. In der Römerzeit wurde Wasserbilligerbrück (Ortsteil von Langsur) als Bilicis-Beliacis und Biliacus erwähnt. Schriebe man die Chronik von Langsur, so müsste man diesen Vorort, das heutige Wasserbilligerbrück, und die damalige Brücke als zu dieser Zeit höchst bedeutend und älter erwähnen als den Ort Langsur selbst. An diesem Straßenpunkt erster Ordnung (Sauerbrücke, Einmündung der Straße vom heutigen Neuhaus [Ortsteil von Trierweiler] in die Straße von Trier nach Reims bzw. von Trier nach Metz) befand sich eine größere römische Straßensiedlung. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ein aus 14 Ziegeln bestehendes Plattengrab, ungefähr 200 Meter oberhalb des heutigen Hauses Benz, aufgefunden. Neun dieser Ziegel trugen Stempelmarken. Vier trugen folgende Inschriften/Namen: AMANTIOLUS (CIL), versehen mit einem Stempel, ASSATUS (CIL), versehen mit drei Stempeln, CONCORDIUS (CIL), versehen mit drei Stempeln, EXEPERANTIUS (CIL), versehen mit zwei Stempeln.

 

Biliacis (Wasserbilligerbrück) hatte sich unter der römischen Herrschaft ausgedehnt. Es war ein Villenvorort Triers geworden. Von der Zerstörung des Ortes durch die Hunnen erzählen nur noch Funde. Die größten Ausgrabungen erfolgten in den Jahren 1859/60 anläßlich des Baus der Eisenbahnlinie von Trier nach Luxemburg. Bis zur Löwenermühle konnten damals etliche Gewölbe und Kellerräume römischen Ursprungs voller Brandschutt, vermischt mit Tonscherben, Waffenresten und sonstigen Bruchstücken, dazwischen einzelne Knochenreste, vollkommen freigelegt werden. Teile einer ehemaligen Wasserleitung oder einer Kanalisation wurden dabei auch entdeckt.

 

Eine Mosel-Sauer-Insel dicht an der Sauermündung zwischen Wasserbilligerbrück, Wasserbillig und Oberbillig, die Ende des 18. Jahrhunderts noch erwähnt wurde, scheint in römischer Zeit besonderen Zwecken gedient zu haben. War hier ein Sicherheitshafen, den die Schiffe bei Hochwasser aufsuchen konnten, oder war hier eine Vorrichtung, die die Sauer zwang, bei Hochwasser ihre Strömung nicht geradeaus über das Moselbett an das Ufer von Oberbillig, sondern flussabwärts zu richten? Seit etwa 200 Jahren ist diese Insel verschwunden.

501 n. Chr. fielen die Hunnen in das Trierer Tal ein. Trier wurde stark zerstört. Biliacis (Wasserbilligerbrück) und Biliacum (Wasserbillig) erfuhren das gleiche Schicksal. Wasserbilligerbrück war restlos zerstört. Seine einstige Größe hat der Ort nie wieder erreicht. So ist auch im Laufe der Zeit die Römerbrücke verschwunden. Eine Holzbrücke, die deren Stelle eingenommen hatte, brach in sich zusammen. Sie hatte dem Hochwasser und dem derzeit noch sehr oft vorkommenden Eisgang nicht lange standhalten können. Unter Kaiser Karl V., der auch Herzog von Luxemburg war, musste 1539 – 1541 eine neue Brücke errichtet werden. Die Einwohner der benachbarten Dörfer führten fast alle Arbeiten im Frondienst aus. Entlang der Brücke befanden sich Geländer aus Holz.

 

Aus einem alten Protokoll (Datum unbekannt):

„Die Einwohner von Billig, Mertert, Lellig und von Manternach werden je Haushaltung einen Tag Frondienst leisten, wofür sie einen Krug Wein und ein Brot zu einem halben Groschen erhalten. Die Meier dieser Dörfer, sofern sie Pferde und Wagen haben, fahren jeder einen Tag Steine, Holz und was sonst noch nötig ist. Ein Zimmermann wird in den Wäldern von Herborn und Mompach das für den Brückenbau benötigte Holz fällen. Die Einwohner von Langsur werden dieses Holz an die Brücke fahren. Die von Igel haben die Bretter zu legen. Die Tragebalken und Sparren, die die Bretter tragen, werden in den Wäldern zu Liersch auf dem Berge geschlagen und von den Einwohnern dieses Dorfes gelegt. Das benötigte Holz wird von den Bewohnern von Mesenich und Fedelich transportiert. Hierbei werden sie von jedem Wagen ein Brot von einem halben Groschen erhalten. Die von Moersdorf lassen in ihrem Wald das Holz für die Geländer schlagen und fahren es bis zur Brücke. Das Tor, das sich auf der rechten Seite des Flusses bei Wasserbillig erhebt, wird von denen von Metzenhausen und Linster erbaut, die dann das Recht erhalten, das so genannte Pflichtgeld einzuziehen. Dies besteht in der Zahlung von 4 Denaren und ist von jedem Schiff zu entrichten, das zu Berg oder zu Tal fährt. Das Tor auf der Langsurer Seite wird auf Kosten des Steuerempfängers der Domänen errichtet. Alle, die beim Brückenbau Fronarbeiten leisten, sind von der Zahlung des Pflichtgeldes ausgenommen, ob sie nun die Brücke zu Fuß oder mit dem Schiff passieren." 

 

Was das Wegegeld betrifft, das an der Brücke zu Wasserbillig zu entrichten ist, so wird berichtet, dass die Bürger von Echternach, Bollendorf, Vianden und Diekirch mit Wolle, Frucht und Holzwerk und insbesondere mit vielen neuen Nachen den Fluss herab unter der "Wasserbilligerbrück" durchfahren und ihre Waren bis Trier und Koblenz bringen und dort verkaufen. Wenn man das Wegegeld „von wegen der brück zu billich“ von ihnen fordert, wollen sie nichts geben. Sie sagen, dass sie früher, vor Jahren, auch nichts hätten zu geben brauchen. 

 

Es ist verbürgt, dass die Bürger aus den oben genannten Orten zu jener Zeit jährlich etwa 300 neue Nachen verkauft haben. Und weil sie mit dem Verkauf dieser neuen Nachen ein gutes Geschäft machten, "sollen sie zu billich tholl oder wassergelaidt geben“.

 

Die damals errichtete Brücke war eine Holzkonstruktion, die, beiderseits mit Toren versehen und als Zugbrücke konstruiert, unerwünschten Besuchern den Zugang verwehren konnte.

 

Anlässlich einer Grenzbegehung im Jahre 1680 heißt es in einem weiteren Protokoll (teilweise übersetzt): "Der Hochgerichtsmeyer Loges Theiss bracht vor, ob die Langsurer Gemeinde Macht und Gewalt habe, ihr Vieh über die Wasserbilligerbrück zu treiben, wenn die gebrochene Brücke wieder repariert und in ihrer echten Gestalt sein würde. Hierauf sind der maximinische Meyer Mathes Budler mit den maximinischen Schöffen, nämlich Steil Hanns, Metzel Stoffel, Chahrios Paul und die ganze Wasserbilliger Gemeinde beiseite gegangen und haben sich beraten und zur Antwort gegeben: Ja, sie wollen der Langsurer Gemeinde ihr Vieh durch die Landstraße über die Brücke treiben lassen, sie würden hingegen protestieren, falls die Langsurer sich bei Gelegenheit unterstehen würden, ihr Vieh durch Billiger Äcker und Wiesen zu treiben. Hierauf hat der Wohlehrwürdige Herr Pater Prior ernstlich den Wasserbilligern untersagt und verboten, den Weg auf den 'Faulenberg' durch unsere Wiesen zu gebrauchen, mit Ausnahme jener, die dort Güter besäßen.“

 

109 Jahre später, beim Ausbruch der Französischen Revolution im Jahre 1789, hatte ein Stauen vor der Brücke stattgefunden, wie es noch nie vorher der Fall gewesen war. Damals waren es Hunderttausende, die Frankreich fluchtartig über die deutsche Westgrenze verließen. Es waren der Adel, Großgrundbesitzer, Klerus, Royalisten und andere, die meist in hochherrschaftlichen Kutschen die Sauerbrücke überquerten. Auch 1792 gab es wieder einen Stau vor der Sauerbrücke; Preußen und Österreich zogen zum Feldzug gegen die französische Republik (Koalitionskrieg). Inmitten des Heeres aus einer Kutsche heraus beobachtend, als so genannter Kriegsberichterstatter: Johann Wolfgang von Goethe. Dies war im August 1792. Im Oktober des gleichen Jahres machte Goethe den Rückzug, über die Sauerbrücke fahrend, bis nach Weimar mit. Bei Valmy war "alles vorbei", und man musste den Rückzug antreten. Goethe bei der Kanonade von Valmy: „Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus.“

 

Dann stand die Sauerbrücke wieder im Mittelpunkt, als 1804 Napoleon Bonaparte, Kaiser von Frankreich, von Trier kommend hier gehuldigt wurde und jeder diesen Mann aus der Nähe sehen wollte. 1815, elf Jahre später, kehrte er von Elba nach Paris zurück und wurde von Blücher und Wellington bei Waaterloo endgültig geschlagen. Er wurde nach St. Helena in die Verbannung geschickt. In diesem Jahr kam der Sauerbrücke eine wichtige Bedeutung zu, bestimmt durch die Gebietsabtretung an Preußen und die beim "Wiener Kongress" festgelegten Grenzen. Am 26. Mai 1818 wurde ein Zollhaus eröffnet und mit Personal besetzt: ein Spezial-Einnehmer, zugleich Dienststellenleiter, ein Zollschreiber, zugleich Vertreter des Dienststellenleiters, ein Nachschreiber, ein Beseher und ein Nachgeher – also 5 Beamte.

 

Im Jahre 1830. Belgien und Luxemburg kämpften gegen Holland um ihre politische Freiheit, nachdem beide aus dem Königreich der Niederlande ausgetreten waren. Das Brückentor auf preußischer Seite der Sauerbrücke (Wasserbilligerbrück) wurde geschlossen und verriegelt. An der Grenze zwischen Preußen und Luxemburg-Belgien herrschte Alarmzustand. Alle Gaststätten in den Grenzgebieten wurden geschlossen, grenzüberschreitende Briefpost zensiert. Bestimmte in Grenznähe liegende Geländestreifen wurden gesperrt. Verbote wurden erlassen, gewisse Ortschaften weder betreten noch verlassen zu dürfen. Jede Fühlungnahme mit dem Ausland war streng verboten. Trotz aller Verbote und Strafen waren die verwandtschaftlichen Beziehungen von hüben und drüber doch stärker. 

 

Am 20.06.1841, elf Jahre später, wurde der König von Holland, Großherzog Wilhelm II., von Trier über die Sauerbrücke kommend, von den Menschen jubelnd empfangen und geehrt. 1842 beschloss Luxemburg, dem preußisch-deutschen Zollverein beizutreten. Geheimrat Baersch berichtet: „Auf Wasserbilligerbrück befindet sich außer einem leeren Zollamtsgebäude noch dort ein Wirtshaus, worinnen neben einer Frau noch zwei Männer wohnen.“

 

Zöllner wurden jetzt nicht mehr gebraucht. Baersch berichtet auch von einem früheren Besuch im Jahre 1817 auf Wasserbilligerbrück. Nur Ruinen seien vorhanden gewesen und grenzenloses Elend habe unter den wenigen Bewohnern geherrscht. In Kellerräumen schliefen die Menschen auf in die Ecke gescharrtem Laub vermischt mit dünnem Rabholz. Nur während der Sommermonate, bei harter Arbeit in den Kalk- und Gipssteinbrüchen, war ein geringer Verdienst zu erwarten. Ein Gasthaus war aber trotzdem vorhanden. Im Jahre 1859 beschloss man nach einer Besichtigung auf der Wasserbilligerbrück, eine zweite Sauerbrücke zu bauen. Die Eisenbahnlinie von Trier nach Luxemburg wurde geplant und gebaut. Am 29.08.1861 wurde die Brücke eröffnet und ihrer Bestimmung übergeben. So führte nun also eine zweite Sauerbrücke von dem Ortsteil Langsur-Wasserbilligerbrück nach Wasserbillig und Luxemburg. 

 

Im Jahre 1901 standen und warteten viele Menschen auf die stinkenden, ratternden Kutschen ohne Pferd, die von Paris nach Berlin über die Wasserbilligerbrück kommen sollten. Dies war eine der ersten Autorallyes. Über sechzig Kutschen waren am Start. Etwa vierzig passierten die Sauerbrücke. Die restlichen waren zuvor ausgefallen. Die Teilnehmer waren zu jener Zeit ausschließlich reiche Männer. Diese Rallye war ein Erlebnis für die hier wohnenden Menschen, das zudem nichts kostete. 

 

Kurze Zeit danach fand in Grevenmacher ein weiteres Ereignis statt. Viele Menschen kamen über die Sauerbrücken, um Jonny Grün, den Luxemburger National-Hercules und stärksten Mann der damaligen Zeit, zu bewundern. Nur mussten sie diesmal zahlen. Zu der Zeit hatte Wasserbilligerbrück wieder 6 Wohnhäuser und seine Gastwirtschaft. 

 

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